Stelle dir vor, das Besorgen einer einfachen Glühbirne erwächst zu einem scheinbar unüberwindbaren Hindernis – weil die Welt ein Minenfeld ist, auf dem jede Sekunde und nach jedem Schritt eine Erinnerung explodieren könnte. Shiver erzählt in einer linearen Handlung die Geschichte von Finn, einem jungen Mann, der nach einem folgenschweren Gewittersturm in einem Tannenwald mit diesem mentalen Störbild zu kämpfen hat. ​​​​​​​
​​​​​​​Finn ist ein naturverbundener, introvertierter Charakter, der sich Werten wie Anstand, Einsatz und Gemeinschaft verpflichtet fühlt. Darüber hinaus genießt er es sehr, Socken zu stopfen, weiß Gemütlichkeit zu schätzen und erzeugt nach Außen hin durchaus den Eindruck, sein Leben im Griff zu haben. Seit seiner Traumatisierung hat Finn jedoch den Anschluss an seinen einstigen Wirkungskreis verloren und muss feststellen, dass er mit seinen unvorhersehbaren Flashbacks, nicht steuerbaren Fluchtreflexen und gelegentlich cholerischen Ausfällen nicht mehr in das Gefüge zu passen scheint, das einstmals sein Zuhause formte. Gefühle von Schuld und Nutzlosigkeit im Angesicht seiner entwurzelten Identität schleichen sich ein, die in maßloser Wut auf sich selbst gipfeln.
Verstoßen aus seinem ehemals sicheren Umfeld, ratlos und verzweifelt im Angesicht der eigenen Lage, begibt Finn sich schließlich auf eine Reise hinaus in die Welt und lernt auf seinen Wegen nicht nur ihre Eigenheiten und Bewohner, sondern auch sich selbst und seine Bedürfnisse nach und nach besser kennen und verstehen. Begleitet wird er unter anderem vom Nachtwächter, der ihm auf seiner Reise mehr und mehr zum Vertrauten wird. Er hält Finn nicht nur dazu an, sich in prekären Situationen zu sammeln und seine Taten und Gefühle zu reflektieren, sondern zeigt ihm auch ein Licht auf zu mancher Stunde, in der es für Finn nur Finsternis zu geben scheint.
Schließt sich der erzählte Handlungsbogen, ist Finn zu einer friedlichen Koexistenz mit seinem Krankheitsbild gelangt und befindet sich an einem Punkt, von dem aus ein vollständiger Heilungsprozess für ihn durchaus denkbar ist. Ob dieser tatsächlich eintritt, bleibt offen und richtet sich in Form einer unausgesprochenen Frage an den Spieler selbst: 
Was können wir tun, um diese Perspektive der Zuversicht und Hoffnung für Menschen wie Finn in unserer Gesellschaft zu verwirklichen? 
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Ein kleiner Einblick im Bewegtbild zum aktuellen Entwicklungsstand des Spiels!

In der Anfangsszene weist eine Vogelscheuche Finn den Weg. Wohin er nur führt?
In der Anfangsszene weist eine Vogelscheuche Finn den Weg. Wohin er nur führt?
Im tiefsten Dunkel des Waldes leuchtet dass Licht vor der Hütte des Nachtwächters.
Im tiefsten Dunkel des Waldes leuchtet dass Licht vor der Hütte des Nachtwächters.
Shiver wurde gemeinsam von sechs Studierenden ins Leben gerufen und stellt die gesellschaftliche und seelische Momentaufnahme eines an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankten Menschen dar. Finns Geschichte erwirkt Nähe und Empathie und rückt das komplexe Themenfeld dieser mentalen Krankheit in ein greifbares Licht. Die Ästhetik und der narrative Anspruch des Spiels helfen, die facettenreiche Vielfalt seiner Welt zu vermitteln und verleihen ihm eine einzigartige Komplexität, ohne den Anspruch zu haben, Therapieersatz oder vollkommene Repräsentation darzustellen. Die innovative Nutzung der Point-and-Click-Mechanik in einem modernen Medium fördert die Identifikation und Verständigung. Das Spiel ebnet einen Weg für die Eröffnung einer dritten Kommunikationsebene zwischen Betroffenen und Angehörigen und stellt zugleich die Frage zur Diskussion, wie wir als Gesellschaft mit Menschen wie Finn verfahren (sollten).
Team:
Milena Biesel - Animation
Johanna Zakrzewski - Art und Character Design
Olivia Betsch - Konzeption, Organisation, Story, Art, Game Design
Franziska Gabriel - Soundtrack und Sound Design

Simon Hetzer - Programmierung und Game Design
Robert Fehér - Programmierung und Game Design

In den Tiefen des Sees wird so mancher Fang gemacht...
In den Tiefen des Sees wird so mancher Fang gemacht...
Besonders stolz ist der Nachtwächter auf seine Sockensammlung.
Besonders stolz ist der Nachtwächter auf seine Sockensammlung.
Im Zuge meiner Bachelorarbeit wurde die Endszene des 2D-Point-and-Click-Adventures Shiver realisiert und hinsichtlich der Frage untersucht, inwiefern die Interreaktivität von Videospielen, also die besondere Beziehung zwischen Kunstwerk und Rezipient, dazu genutzt werden kann, um beim Spieler nicht nur Empathie für den beispielhaften Alltag einer traumatisierten Person zu erwirken, sondern auch ihren Weg zu einer Perspektive der Aufarbeitung und Zuversicht auf Heilung zu vermitteln.

Tirill, die Wirtin des Kaffeehauses "Russell's" - letzte Bastion im sturmzerrütteten Dorf Sagemill und Inhaberin des Geheimnisses um den besten Kaffee der Welt!

In dieser finalen Szene ist es Finn gelungen, gemeinsam mit neuen und alten Bekanntschaften aus Sagemill das Kaffeehaus "Russell's" zu reparieren. Dort trifft er auch nach langer Zeit einen ganz besonderen Menschen wieder.

Im Kaffeehaus "Russell's" gibt es den besten Kaffee der Welt!
Im Kaffeehaus "Russell's" gibt es den besten Kaffee der Welt!
Finns Tagebuch ist eine Sammlung voller Erinnerungen, schmerzhaft wie schön.
Finns Tagebuch ist eine Sammlung voller Erinnerungen, schmerzhaft wie schön.
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